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Bericht Ecuador

Über den Wolken Ecuadors

 

„Es war nie mein Plan hohe Berge zu besteigen und dennoch stand ich im Februar 2019 am zweithöchsten Berg Ecuadors – dem 5.897m hohen aktiven vergletscherten Vulkan – dem Cotopaxi.“ Sabine Roseneder, Wanderführerin der Naturfreunde Waidhofen, berichtet uns von ihrer Wanderreise nach Ecuador.

Im Februar 2018 kontaktierte mich Karla Riegler, die früher in Waidhofen bei Bergsport Condor tätig war, über Facebook. Die gebürtige Mostviertlerin Karla lebt mittlerweile mit ihrer Tochter und ihrem Mann Estalin in Quito, der Hauptstadt Ecuadors, und sie betreiben dort die Berg- und Reiseagentur Andengipfel Reisen. Ein tolles Programm, das sie für ihre Kunden zusammenstellte, weckte meine Begeisterung und ich wollte trotz geringer Vorkenntnisse und kaum Höhenerfahrung unbedingt nach Ecuador, um den Cotopaxi zu besteigen. Mit Hilfe von Andengipfel Reisen wurde ein abwechslungsreiches Individual-Programm zusammengestellt, das sowohl der Akklimatisation zur Vorbereitung auf den 5.897m hohen Cotopaxi dienen, als auch die schönsten Touren der Region beinhalten sollte. 

Am 9. Februar 2019 ging es los und ich flog alleine nach Quito. Die ersten Tage sollten der Anpassung an die Zeitumstellung und an das Klima dienen. Ich wanderte in den Bergregenwäldern des subtropischen Naturschutzgebietes in Mindo und besuchte in Banos den 61 m hohen Wasserfall El Pailon del Diablo (Schlucht des Teufels) – ein Wahrzeichen Ecuadors. Beide Orte sowohl Mindo und Banos waren beeindruckend schön und zeigten mir, dass Ecuador noch mehr Gesichter hat, als die Anden, die mein eigentliches Ziel waren.

Am 6. Tag ging es endlich los mit den gemeinsamen Bergtouren mit Estalin von AndengipfelReisen. Estalin holte mich am frühen Morgen bei meinem Hotel in Quito ab und wir fuhren zur Lagune Cuicocha. Der Cuicocha ist der Kratersee eines erkalteten Vulkans mit einem Durchmesser von ca 3 km. In der Mitte des Kratersees befinden sich 4 Lavadome, die 2 steile bewaldete Inseln bilden. Der tiefblaue See und die bewaldete mit vielen Bromelien bewachsene Umgebung bieten ein tolles Ambiente für die Rundwanderung um den Cuicocha auf 3.400 bis 3.500m Höhe. (ca 4h, 12km, 630 hm) Im Anschluss an die Wanderung besuchten wir noch den farbenfrohen Teppich- und Handwerksmarkt in Otovalo. Danach übernachteten wir in der auf 3.200 m gelegenen liebevoll eingerichteten „La Luna“ Mountainlodge.

Am nächsten Morgen fuhren wir ca. 30 min zur Laguna Mojanda, von wir über Trails im tiefen Steppengras den 4.263m hohen Ostgipfel des Fuya-Fuya (Cerro Este) bestiegen. Die Aussicht von dort war atemberaubend, unter uns die Laguna mit ihrem aus unzähligen Gipfeln bestehendem Kraterrand und am Horizont konnte man die schneebedeckten Gipfel der höchsten Berge Ecuadors erkennen. In leichter Kletterei und etwas ausgesetzt ging es dann noch auf den 4.279 m hohen West- und Hauptgipfel des Fuya-Fuya (Cerro Oeste). Abends fuhren wir zurück nach Quito. (ca 4h, 5km, 620 hm)

Der Hausberg von Quito – der Rucu Pichincha- sollte unser nächstes Ziel sein. Im Zentrum Quitos befindet sich auf ca 3.050 m die Talstation der TeleferiQo – einer Seilbahn, die uns bis auf knapp 4.000m befördert. Da Samstag ist, ist auch jede Menge los am Rucu, und daher beschließen wir anstelle des Normalwegs auf der Kletterroute den Gipfel zu bezwingen. In einer beeindruckenden, ausgesetzten und wegen der Höhe auch atemraubenden Kletterei im 3. Schwierigkeitsgrad klettern wir über den Paso de la Muerte (Schritt des Todes) auf den 4.696 m hohen Rucu Pichincha. Freudestränen stehen mir in den Augen, ist das doch mein bis dahin höchster Gipfel, den ich noch dazu so spektakulär erklimmen durfte. (ca 5,5 h, 10km, 850 hm)

Tags darauf starten wir erst etwas später, haben wir doch nur den Aufstieg zum Refugio Nuevos Horizontes am Tagesprogramm. Dort wollen wir auf 4.700m Höhe die Nacht verbringen, um für die Höhe am Cotopaxi akklimatisiert zu sein. Am ca 4.000m hoch gelegenen Parkplatz La Virgen treffen wir Freddy, den Koch der Hütte, der unser Gepäck auf 2 Packpferde lädt. So können wir gemütlich eine Rundwanderung zur Hütte machen. Die kleine Hütte haben wir ganz für uns alleine. Nur Estalin, Freddy - der Koch und der Hüttenwirt sind mit mir da. Sie überraschen mich mit einem tollen Abendessen – gebackene Forelle und frische gekochte Ananas als Dessert auf 4.700m! Die Nacht verläuft gut, allerdings bitterkalt – die Hütte wird ihrem Namen „the Fridge“ (der Kühlschrank) mehr als gerecht. Um 4 Uhr stehen wir auf und steigen auf den Illinza Norte. Ein unschwieriger Wanderweg führt zum Gipfel, aber ich merke jetzt doch bei jedem Schritt, wie das Atmen auf 5.000m schwer fällt. Kurz vorm Gipfel befindet sich noch ein kleine Kletterstelle, die mich in hektisches Atmen versetzt. Doch dann ist es soweit – ich bin zum Sonnenaufgang auf meinem ersten Fünftausender- dem Illiniza Norte 5.126m hoch. (ca 4,5h, 8km, 400 hm auf, 1150 ab)

Den nächsten Tag nutze ich zum Sightseeing. Ich treffe einen Freund aus Deutschland, der in Ecuador lebt und wir besuchen „Mitad del Mundo“ (die Mitte der Welt), ein Denkmal am Äquator. Im Laufe des Tages beginnt es zu regnen und ich habe zunehmend Sorge, ob das Wetter für die geplante Cotopaxi-Besteigung halten wird. 

Und tatsächlich - am nächsten Tag regnet es noch immer. Estalin holt mich dennoch mittags im Hotel ab und wir fahren zum Südeingang des Cotopaxi Nationalparks. Nach einem ausgiebigen Mittagessen und der offiziellen Registrierung fahren wir zum auf ca 4.600 m Höhe gelegenen Parkplatz. Es regnet in Strömen und wir wollen gar nicht aussteigen. Im Auto zwängen wir uns in die Regensachen, verstauen den riesigen Rucksack in wasserdichten Überzügen und stürmen förmlich zur Hütte, um nicht zu sehr nass zu werden. Nur wenige Bergsteiger treffen im Laufe des Nachmittags auf der Hütte ein, um am nächsten Tag ihr Gipfelglück zu versuchen. Bereits um 18 Uhr ist Hüttenruhe, soll der Gipfelsturm doch früh am nächsten Tag passieren. Bereits um 23 Uhr weckt mich Estalin – ein trockenes Wetterfenster würde den Start ermöglichen. Also anziehen, packen, Frühstück und los geht’s um Mitternacht. 20 Bergsteiger machen sich auf den Weg. Bereits nach 2 Stunden haben mich fast alle Seilschaften überholt. Ich zweifle, ob der Gipfelsieg für mich möglich ist. Bin ich zu langsam, wird die Kondition reichen, wie werde ich mit der Höhe zurechtkommen? Estalin beruhigt mich, zwingt mich jede Stunde zu einer 10-minütigen Trink- und Imbisspause. In absoluter Dunkelheit – nur die Stirnlampen sind zu sehen - tappen wir mit Steigeisen und Seil am Gletscher dahin. Nach und nach holen wir andere Seilschaften ein – den Bergsteigern ist übel von der Höhe, einige waren zu schnell und können nicht mehr weiter. Sie geben auf und drehen um. Nach 6,5 Stunden stehe ich am Gipfel und kann es kaum fassen. Heulend stehe ich auf 5.897m und falle Estalin um den Hals. Leider ist nicht viel Zeit, da das Wetter wieder umschlägt. Wir drehen um und laufen mit den Steigeisen am Seil nach unten. Erst jetzt bei Tageslicht sehe ich die Spalten und Seracs. Nur 1,75 h brauchen wir für die gleiche Distanz bergab – unglaublich wie atemlos einen die Höhe im Aufstieg macht. Auf der Hütte dreht sich alles - ich bin wie benommen und brauche eine ganze Weile bis ich bereit bin für den Abstieg zum Parkplatz. (ca 8,5 h, 6,5 km, 1.170 hm)

Den nächsten Tag verbringe ich mit Freunden in Quito, ehe ich dann abends wieder nach Österreich fliege.

Das von Andengipfel zusammengestellte Programm war perfekt für die Akklimatisation. Ich hatte weder Kopfschmerzen noch Übelkeit und konnte daher alle Bergtouren voll und ganz genießen. Die Landschaft und Bergtouren in Ecuador sind sehr beeindruckend und unvergleichlich schön. Estalin ist ein professioneller Bergführer mit allen international anerkannten Zertifikaten und spricht Deutsch und Englisch. Zusätzlich ist er ein toller Fotograf. Viele der gezeigten Bilder sind von ihm. Zu folgenden Terminen werden von Andengipfel Reisen Touren in Kleingruppen angeboten 9. bis 22. Juli 2020, 21.11 bis 04.12.2020 und 16. bis 29.01.2021. Infos und Kontaktaufnahme unter www.andengipfel.com.

Wasserfall El Pailon del Diablo
Der Kratersee Cuicocha
La Luna Mountainlodge Otavalo
Im Steppengras am Weg zum Fuya Fuya
Grandiose Aussicht auf die Laguna Mojanda
Ausgesetzte Stelle vor dem Hauptgipfel des Fuya Fuya
Auf Klettertour am Rucu Pichincha
Am Gipfel des Rucu Pichincha
Refugio Nuevos Horizontes
Start um 4 Uhr morgens zum Illiniza Norte
Zum Sonnenaufgang wollen wir am Illiniza Norte sein
Gipfelkreuz am Illiniza Norte
Abstieg vom Illiniza Norte
Routenplan Cotopaxi
Erstes Tageslicht am Weg zum Cotopaxi
Endlich am Gipfel des Cotopaxi
Am Kraterrand des Vulkans Cotopaxi
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